Keine Kleinigkeit: Warum Marken klein gesetzte Texte besser lesbar machen müssen.
Klein gesetzte Texte sind eine gestalterische Herausforderung. Die Mikrotypografie im Bereich von 5 bis 10 Punkt entwickelt sich zu einer gefragten Disziplin im Bereich der visuellen Kommunikation. Ob E-Reader, Mobilgeräte, Uhren, Zutatenlisten auf Verpackungen oder die Fußnoten in Mobilfunk-Angeboten und Verträgen: Werden Texte richtig klein, die Zeichenabstände immer enger und Buchstaben zum Verwechseln ähnlich, macht das Lesen keinen Spaß mehr.
Neben der Typografie erschweren individuelle Momente das Lesen, sei es aufgrund des Alters, der Lichtverhältnisse oder anderer äußere Umstände.
„Die visuelle Kommunikation von heute ist geprägt von wenig Kontraste, viel Weißraum und kleinen Schriftgrößen“, so fasst Steve Matteson, Creative Type Director von Monotype, die aktuelle Situation zusammen. „Dabei wird oft vergessen, dass mehr als 60 Prozent der über 20-Jährigen entweder eine Brille tragen oder eine bräuchten.“
Für Matteson steht außer Frage, dass ein angenehmes Leseerlebnis an erster Stelle stehen muss, und nicht ein gerade angesagter Designtrend. Dafür ist es wichtig, dass Designer und Typografen auf Fonts zugreifen können, die sich sowohl in eine zeitgemäße Gestaltung einfügen als auch in kleinen Größen bestens lesbar sind; andernfalls irritiere man die Leserschaft oder verliere sie gleich ganz.
Kleine Texte lesbar machen.
Es gibt keine digitale Schrift, die alle Aufgaben perfekt meistert. Üblicherweise werden Fonts so entwickelt, dass sie bei Lesegrößen zwischen 10 und 12 Punkt das beste Ergebnis liefern. Unterhalb dieses Bereichs müssen visuelle Gestalter einen Text Schritt für Schritt weiter spationieren (sperren), oberhalb muss die Laufweite verringert werden. Die Laufweite eines Texts zu verengen oder zu sperren untergräbt die vom Schriftentwerfer manuell abgestimmten Buchstabenabstände. Beispielsweise wirken Buchstaben wie T oder V – im Vergleich zu einem H oder I – immer weiter entfernt zu den sie umgebenden Lettern. Die zeitaufwendige manuelle Korrektur dieser Unausgewogenheit (Unterschneiden, Kerning) verliert ihre Wirkung beim Tracking.
Die 2019 erschienene Helvetica Now von Monotype begegnet diesem Problem durch das Angebot von drei ,Optical Sizes’, die drei Größenbereiche perfekt bedienen: Display ist für Texte größer 14 Punkt optimiert, Text für Größen zwischen 8 und 14 Punkt und Micro für die Verwendung zwischen 4 und 8 Punkt.
“Das ist, wie in einem Hotel ankommen und alles ist perfekt für Sie arrangiert“, sagt Matteson. „Die Möbel haben den richtigen Abstand, im Bad ist alls leicht greifbar und auf dem Tisch stehen Obst und eine Flasche Wasser.“
„Die Micro-Schnitte sind mit geometrischen Tricks und Finessen ausgestattet, wie weit geöffneten Buchstabenformen und abenteuerlich verformten Winkeln“, ergänzt Monotypes Type Director Charles Nix, der zusammen mit Matteson die Helvetica Now entworfen hat. „Den Effekt für das Leseerlebnis könnte man mit dem Pointillismus oder dem Impressionismus in der Malerei vergleichen: die Micro simuliert den Kern des Schriftbildes“.
Und obwohl das Design-Team jede Kurve und jeden Winkel auf den Kopf gestellt hat, damit Innenräume offen bleiben und Buchstaben sich nie berühren, ist Helvetica Now auch in winzigen Größen unverkennbar Helvetica.
„Mikroschriften sind so gebaut, dass Kleingedrucktes komfortabel zu lesen ist und der Character der Schrift, ihre Architektur, erhalten bleibt“, fügt Matteson hinzu. „Man könnte das mit den sich ändernden Proportionen beim Wachstums eines Menschen vergleichen. Damit alle Knochen des Skeletts in jeder Phase der Entwicklung belastbar und in Balance sind, verändern sich über 20 Jahre deren Winkel und Längenverhältnisse … und trotzdem ist es immer derselbe Mensch. Auf die gleiche Art bleibt Helvetica Now in jeder Textgröße immer Helvetica“.
Kleine Texte sind wichtig.
Weil die Bildschirme auf Mobilgeräten immer besser auflösen, lesen wir immer kleinere Texte. Hierfür entworfene Mikro- Schriften sorgen dafür, dass der Lesekomfort über allen Geräte- und Bildschirmtypen hinweg erhalten bleibt.
Tatsächlich dieser Trend ist nicht nur auf Bildschirme beschränkt. Auch in der analogen Welt, also auf Papier, verbergen oft lebenswichtige Informationen zunehmend im Kleingedruckten. Man denke nur an die Beipackzettel von Medikamenten oder die Zutatenliste auf Lebensmittel- Verpackungen. Solche Informationen sind rechtlich vorgeschrieben, und die Kunst der Designer besteht darin, Branding und Pflichtinformationen in Einklang zu bringen, wobei gerade die klein gesetzten Informationen unbedingt lesbar bleiben müssen.
Neben dem praktischen und sichtbaren Moment hat die Entscheidung für eine Schrift immer auch eine unterbewusste Wirkung auf die Leser. Schriften, die beim Kleingedruckten versagen, erschweren oder unterbrechen den Leseprozess, ohne dass die Adressaten wissen warum. Das frustriert, weil wenn man die Ursache bei sich selbst sucht; die typografischen Hintergründe verstehen nur Experten.
Fortschrittliche Marken sind sich der praktischen und der ästhetischen Rolle der Schrift bei der Kommunikation über diverse Plattformen hinweg bewusst, wobei die Sorge um das Kleingesetzte noch nicht so weit entwickelt ist. Eine Schriftfamilie, die sowohl im Druck als auch auf dem Bildschirm funktioniert, ist heute eine selbstverständliche Forderung. Genauso wichtig – vielleicht noch wichtiger: die Schrift muss so optimiert sein, dass sie den Fans der Marke bis zum kleinsten i-Tüpfelchen ein konsistentes und angenehmes Leseerlebnis erlaubt.